Die Geschichte von Schloss Mühlau

von Dr. Bernhard LIPHART

Der Mühlauer Bach bot ideale Voraussetzungen für die Ausnutzung der Wasserkraft. Mühlen und Hammerwerke hatten sich schon sehr früh hier niedergelassen. Im 15. Jahrhundert haben sich in Mühlau zahlreiche Harnischmeister angesiedelt. Ihre Turnier-und Prunkharnische waren von hervorragender Qualität und in ganz Europa gefragt. Auf diese Weise kamen diesen Harnischmeister zu ansehnlichem Wohlstand, den sie durch den Bau repräsentativer Ansitze dokumentierten.

Als aber mit dem heraufkommenden Geist der Renaissance die Turniere und damit auch die vornehmen Harnische mehr und mehr an Bedeutung verloren, gingen auch die guten Zeiten der Mühlauer Harnischmeister langsam zu Ende.

Von ihren zahlreichen Ansitzen haben nur zwei überlebt: RIZOL und GRABENSTEIN.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts beabsichtigt Franz Andreas Sternbach, der als Berg- und Gewerksherr zu beträchtlichem Reichtum gekommen war, im Gebiet von Wilten ein Barockschloss mit großer Gartenanlage zu errichten. Sein Plan scheitert jedoch am machtvolle Stift Wilten, das eine solche Konkurrenz fürchtet. So verlässt er das Wiltener Einflussgebiet und kauft nördlich des Inn, in Mühlau, die beiden aneinanderliegenden Ansitze Rizol und Grabenstein. In kurzer Zeit gelingt es ihm großflächig auch die umliegenden Grundstücke zu erwerben.

Die beengte Ortslage der beiden Ansitze und die Hanglage des Geländes boten jedoch für das Entstehen einer barocken Schloss- und Parkanlage keine günstigen Voraussetzungen und machten viele Kompromisse notwendig. Vielleicht sind es aber gerade diese Ungereimtheiten, die dem Ensemble einen ganz besonderen Reiz geben. Was am äußeren Erscheinungsbild der Gebäude nicht voll verwirklicht werden konnte, sollte durch die Aufwendigkeit der Innenausstattung und Großzügigkeit der Parkanlage ausgeglichen werden.

Zunächst galt es, aus den beiden, durch eine Gasse getrennten Ansitze, einen einheitlichen Schlosskomplex zu schaffen. Damit haben die alten Namen Rizol und Grabenstein ein Ende. Die neue Anlage heißt „Schloss Mühlau“.

Barocke und selbstbewusste Frömmigkeit des Bauherrn lässt eine Schlosskirche und eine Schlosskapelle entstehen, die in Fresken- und Stuckausstattung zu den Kostbarkeiten Tirols gehören. Auch bei den Festräumen wird nicht gespart. Das Ineinander von Stuck und Fresko hat teilweise geradezu virtuosen Charakter. Ganz im Sinne des Barocks wird einem großzügigen Stiegenhaus Bedeutung zugemessen.

Und natürlich auch dem Park. Hier waren beträchtliche Erdbewegungen notwendig, um eine Anpassung des Geländes zu schaffen. Auf verschiedene Niveaus wurden Parterres angelegt, Bosquette und die Gloriette. Im Jahre 1720 sind die Bauarbeiten abgeschlossen.

Das Ganze war groß, vielleicht etwas zu groß geraten. Bald wurden die Zeiten schwieriger, denn die schrittweise Grundentlastung und die Aufhebung der privaten Gerichtsbarkeit brachten beträchtliche Einnahmenverluste. Auch die Erträgnisse aus den Bergwerken verloren an Bedeutung.

In den Franzosenkriegen um das Jahr 1809 war die unerschrockene Theresa Sternbach (geb. Obholzer) eine der Hauptfiguren des Freiheitskampfes. Ihr mutiger Einsatz bei der Bewaffnung, Ausrüstung und Verpflegung der Kämpfer haben ihre Verhaftung und Deportation nach Frankreich eingebracht. Sie hat alles mit männlicher Tapferkeit überstanden und erhielt für ihre Verdienste eine hohe Auszeichnung des Kaisers.

In der Folge aber hat ihre bürgerliche Herkunft doch einige Schwierigkeiten gebracht. Die finanziellen Einbußen der Kriegstage waren beträchtlich und die Plünderung des Schlosses hinterließ eine tiefe Wunde. Langsam beginnt der Niedergang.

Im Jahr 1931 stirbt der Mühlauer Zweig der Familie Sternbach aus. Durch Einheirat folgt die baltische Familie von Liphart. Ein neuer Aufstieg beginnt und unter großen Anstrengungen gelingt es, Schloss Mühlau in seiner ursprünglichen Schönheit wieder aufleben zu lassen.